Portraet
Namenszug

Titelbild Karma

Leseprobe Karma

Hier ein Auszug aus meinem Classic BattleTech Roman Karma. Wer nicht online lesen möchte, kann ihn auch als pdf herunterladen.


Leseprobe zu Classic BattleTech: Karma
von Bernard Craw
Auszug aus Kapitel 11

Jen Xiao dient in der Mechlanze von Niomede-4. Sein erster Kampf findet im gleißenden Licht einer blauen Riesensonne statt, in der gnadenlosen Vakuumwüste, die die Oberfläche seines atmosphärenlosen Heimatplaneten bedeckt.


Die Bewohner Niomede-4s nannten den Zugang zu ihrer Hauptstadt die ›Taucherschlucht‹. Hier hatten die ersten Prospektoren im Tagebau nach Erzen gegraben, waren immer weiter in die Planetenkruste ›hineingetaucht‹, bis man entschieden hatte, dass die Vorkommen eine permanente Kolonie gerechtfertigt hatten. Hier, in Bram-Ze, schlug das Herz Niomede-4s. Der planetaren Mechlanze war die Aufgabe zugeteilt worden, den Rückzug der Kriegerhaustruppen hinter das unzerstörbare Zugangstor zu decken.

Wie seine Kameraden hatte auch Jen noch nie an einem Gefecht teilgenommen. Er hatte am Simulator geübt, hatte Märsche über die Oberfläche absolviert und Zielschießen auf Felsbrocken gemacht. Jetzt spürte er die Detonationen weiter vorn in der Schlucht.

(...)

Als nächstes kamen die Transporter der Infanterie. Wie Katzen zischten sie um die BattleMechs herum und verschwanden im Dunkel des Eingangs zur Höhlenstadt. Das letzte Fahrzeug war langsamer, es spulte ein Kabel ab, die Zündleitung für die vorbereiteten Sprengsätze. Sie sollten zur Detonation gebracht werden, wenn sich die feindlichen Truppen vor dem Tor gruppierten. Die frischen Hermes II sollten dafür sorgen, dass die Angreifer lange genug gestoppt würden, um den Rückzug der Capellaner komplett zu machen und möglichst viele Feindmechs im Explosionsgebiet zu massieren.

Nius Mech marschierte auf und ab, von Kato zu Jen und zurück. Der Commander hielt Funkstille. Was hätte er seinen Kameraden auch mitteilen sollen? Sie hatten den Plan wieder und wieder durchgesprochen.

(...)

Nun kamen auch die ersten Mechs der Angreifer ins Sichtfeld. Es waren Locusts, die mit verwirrender Geschwindigkeit durch das Tal schwärmten. Ihre langen Beine mit den nach hinten gebogenen Kniegelenken gaben ihnen den wippenden Gang von Laufvögeln, die Jen in Tierdokumentationen von anderen Welten gesehen hatte. Jens Puls raste, als er versuchte, das Fadenkreuz seines Mittelschweren Lasers auf einer der Maschinen zu halten, aber die Ziele waren noch schwer zu erfassen. Er saugte einen Schluck aus der Wasserleitung, die an seiner Schulter angebracht war. Seine Kehle war sofort wieder trocken.

(...)

Erste Raketen schlugen in der Nähe ein. »Niu, erwarte Befehle!«, rief Jen.

Der Mech des Commanders stand jetzt unbeweglich. Niu hatte hinter einem Felsen Deckung genommen, auf den er seinen rechten Arm gelegt hatte. Darin war der Mittelschwere Laser untergebracht. Jen konnte die Mündung erkennen. Sie war schwarz, glühte nicht, also feuerte die Waffe auch nicht. Worauf wartete Niu?

Gerade, als Jen daran zu zweifeln begann, dass seine Funkverbindung operativ war, hörte er Katos Stimme, verzerrt durch knisternde Interferenzen: »Commander, habe Ziel erfasst, erbitte Feuererlaubnis!«

Keine Antwort. Vielleicht hatte Niu Schwierigkeiten mit dem Funk? Aber das erklärte dann noch nicht, dass sich der Mech nicht bewegte. Beinahe sah es so aus, als wäre die humanoide Maschine an den Felsen gelehnt eingeschlafen.

Die Urbanmechs der ersten Lanze formierten sich und schossen eine Salve auf den nachrückenden Gegner. Hülsen von Autokanonengeschossen prasselten unhörbar auf den Boden. Ein Catapult hastete heran. An dem Kuritadesign mit den beiden PPKs, die an Stelle der Langstreckenlafetten montiert waren, erkannte Jen den Mech von Kompanieführer Wen Zien. In einem waghalsigen Manöver wirbelte der Veteran herum und feuerte sogleich seine furchtbaren Waffen ab. Die blauen Energieschlangen bissen sich in einen Locust, der durch sein Ausweichmanöver regelrecht vom Boden gehoben wurde. Beim Aufschlag stürzte er schwer und regte sich nicht mehr. »Warten Sie auf eine Einladung?«, tönte Wen Ziens Stimme durch den Kommandokanal. »Es darf gekämpft werden!«

Nius Mech rührte sich noch immer nicht. Dafür gab es Bewegung aus dem Seitental, das zu Jens Überwachungsgebiet gehörte. Zwei Urbanmechs wankten heran, gefolgt von einem schnelleren Vindicator. Offensichtlich waren ihnen Feinde auf den Fersen, denn hinter ihnen zerplatzten Felsen im Laserfeuer.

Das ist der Moment, auf den ich mein Leben lang vorbereitet wurde, dachte Jen. Die Bevölkerung eines gesamten Planeten verehrt mich, seit ich denken kann, wegen ihres Vertrauens, dass ich in diesem Moment das Richtige tun werde. Ich werde sie nicht enttäuschen.

»Hier Jen ... Subcommander Xiao. Melde: Ich halte die Eisenschlucht.«

Als Jen seinen Hermes II aus der Deckung herauslenkte und die Urbanmechs passierte, wusste er, dass sein voriges Leben endete. Nach diesem Kampf würde nichts mehr so sein wie zuvor. Er würde ein Mechkrieger mit Felderfahrung sein – oder tot. Alles erschien ihm irreal, vielleicht, weil sich der Kampf so lautlos abspielte. Dennoch. Die Panzerung seines Mechs war vollständig, noch nicht einmal die Lackierung hatte einen Kratzer, und die Kontrollleuchten der Leichten Autokanone, des Mittelschweren Lasers und des Olympos-Flammers strahlten grün. Er hatte das beste Training erhalten, das er auf Niomede-4 jemals würde bekommen können und gerade um Bram-Ze herum waren die Ortungsgitter so dicht im Boden verlegt, dass sie den speziellen Auswertungsgeräten in seinem Cockpit die exakte Position der Feindmaschinen lieferten, sobald sie sich auf 250 Meter näherten. Er war bereit.

Er schickte einen Laserstrahl zu einem Locust dicht neben einem der Urbanmechs, zerschmolz eine Raketenlafette. Als der Gegner das Feuer erwiderte, löste sich nur ein einziges Geschoss aus der deformierten Vorrichtung und taumelte destabilisiert zu Boden. Jen jubelte.

Die zwei größeren Signale auf Jens Anzeigen stellten sich als 75 Tonnen schwere Orions heraus. Offenbar waren die Feindkommandanten überrascht von dem Getümmel, auf das sie im Haupttal stießen, und beorderten ihre Truppen zunächst zurück, um einen Überblick zu gewinnen. Das war die Zeit, die Jen seinen Kameraden zum Rückzug hatte verschaffen sollen. Er bewegte sich nun rückwärts ebenfalls auf das Tor zu, das die meisten der Kriegerhaus-Mechs bereits erreicht hatten. Der zweite Catapult schoss Wolke um Wolke Raketen ab. Kato hielt auf der rechten Flanke die Feindmechs in Schach. Niu hatte sich noch immer nicht bewegt.

Jen fluchte. Er rannte zu seinem Commander und schloss die voll modellierte Hand, die am rechten Arm seines Hermes II angebracht war, um den Flammer der anderen Maschine. Bei den planetaren Mechs war diese Waffe an Stelle eines Arms an die linke Schulter montiert. Er zog den Mech seines Commanders herum. »Niu! Verdammt, was ist los? Niu!«

Der andere Mech drehte den Oberkörper, wandte den Kopf, als würde er aus einem Traum erwachen, ohne Wissen darum, wo er sich befand. Dann wandte er sich um und stapfte dem Tor entgegen.

»Niu!« Jens Stimme überschlug sich. »Wir haben Befehl, die Stellung zu halten! Niu!«

Keine Antwort. Raketen schlugen in Jens Rückenpanzerung ein und erinnerten ihn daran, dass es hier mehr als zwei Dutzend erfahrene Soldaten gab, die kaum etwas mehr wünschten als seinen Tod. Er wirbelte herum und hockte seinen Mech in einer Mulde ab, brannte einem Locust mit seinem Laser eine Narbe auf den Rumpf.

(...)

Er wandte sich wieder dem Tor zu, als sein Blick auf einen der Orions fiel, die aus dem Seitental getreten waren. Sein Pilot hatte das Zündkabel bemerkt, das sich über den Boden zog. Der rechte Arm des Orion richtete sich nach unten, deutete auf einen Flecken, der sofort aufglühte. Gas stieg auf und waberte über den Fels, auf dem es augenblicklich gefror. Das Kabel war zertrennt.

»Nein!«, heulte Jen auf. »Nicht auch das noch!« Er warf sich dem Mech entgegen, der beinahe doppelt so schwer war wie sein eigener. Kurzstreckenraketen lösten sich aus den Unterarmen seines Gegners. Jen bückte sich in vollem Lauf und die Geschosse jagten über ihn hinweg. Als er sich aufrichtete, schlugen die Projektile der Mittelschweren Autokanone des Orion in seine Hüfte. Die Rotation, in die der Hermes II dadurch versetzt wurde, ließ die beiden Schüsse aus den Mittelschweren Lasern fehlgehen, die ihn andernfalls an der gleichen Stelle getroffen hätten. Glück im Unglück.

Jen platzierte eine Salve am Kopf des schweren Mechs. Zwar konnten seine Geschosse die Panzerung nicht durchdringen, aber der Pilot wurde ordentlich durchgeschüttelt und verlor anscheinend für einen Augenblick die Orientierung. Jen sah die Mündungen der Orion-Laser aufglühen, während sie zum Himmel hinaufzeigten. »Stirb, du Bastard!«, brüllte er und ging in den Nahkampf. In einem seitlichen Bogen hieb er den rechten Arm des Hermes II gegen den Kopf des größeren Orion. Seine Hand griff den Nacken des Gegners und zog ihn direkt vor die Mündung seines Flammers, bevor er die Waffe auslöste.

Das klebrige Gel sprühte über die Pilotenkanzel, wo es weiß aufglühte. Die Mittelschweren Laser des andurianischen Mechs hatten eine Fehlfunktion. Sie feuerten schon wieder, ohne ein Ziel erfasst zu haben. Der Koloss machte einen Schritt und stampfte dabei auf den linken Fuß des Hermes II. Metall kreischte protestierend. Die Hitze im Cockpit des Orion musste mörderisch sein. In seiner Panik löste der gegnerische Pilot den Schleudersitz aus. Der Kopf des Orion brach auseinander und macht Platz für die Notvorrichtung, die auf langen Feuerstrahlen austrat.

Jen ließ seinen Mech zurückwanken. Er wusste, was in diesem Augenblick mit dem Mechkrieger geschah, denn er war auf Niomede-4 aufgewachsen und mit den Auswirkungen des Vakuums vertraut. Diesem war der Pilot des Orion nun schutzlos ausgesetzt, denn in einem Mech konnte man wegen des begrenzten Platzes und der Hitzeentwicklung nicht mehr tragen als Neurohelm, Kühlweste, Shorts und Stiefel. Die im Körpergewebe des Andurianers gelösten Gase nahmen sofort ihren gasförmigen Zustand an. Der Stickstoff ließ das Blut aufschäumen, die Lunge riss. Das spürte der Mann aber schon nicht mehr. Da die freiwerdenden Gase im Schädel keinen Weg nach außen finden konnten, drückten sie das Gehirn in den Rückenmarkskanal, was zum sofortigen Hirntod führte. Das Herz würde vielleicht noch schlagen, und die Nerven leiteten noch Impulse weiter, aber der Schmerz konnte nicht mehr empfunden werden. Ein schneller Tod. Dennoch machte er Jen schaudern.

Auch die Angreifer, die den Kampf beobachtet hatten, erstarrten. Nachrückende Mechs schlossen zur vordersten Linie auf. Sie sind in der idealen Position, erkannte Jen. Vor dem Orion, der leblos mit gebeugtem Oberkörper und zerrissenem Kopf stand, ließ er seinen Hermes II in die Knie gehen. Mit seiner stählernen Faust schloss er den Kontakt zwischen den beiden zertrennten Enden des Kabels. »Zünden Sie«, forderte er seine Kameraden über den Kommandofunk auf.

Es dauerte zwei lange Sekunden, bis man unter dem Tor die Situation erfasst hatte. Dann bäumte sich die Erde auf und vor Jen stürzten gewaltige Felsbrocken aus den Hängen, um die Feindmaschinen unter sich zu begraben. Nachgelagerte Explosionen erschütterten das Tal. Mechs wankten orientierungslos durch die Trümmer, unter denen mehrere Maschinen verschüttet lagen.

»Kommen Sie rein, Junge«, hörte Jen Wen Ziens Stimme. »Sie haben Ihre Pflicht erfüllt.«

Als er sich aufrichtete, bemerkte Jen, dass der linke Fuß seines Hermes II ernsthaft beschädigt war. Die Außenhülle war so weit gerissen, dass der Druck hatte entweichen können. Die Myomermuskeln versagten ihren Dienst. Glücklicherweise war der Rest des Beins noch voll funktionsfähig. So konnte Jen mit vorsichtigen Schritten zum Tor humpeln. Er staunte über den Mut der Besatzungen von zwei Bergefahrzeugen, die sich die allgemeine Verwirrung zu Nutze machten, um die Sicherheit des Tors zu verlassen, zwischen all den Kratern, dem Geröll und den Trümmern hindurchzuflitzen und die Überreste von Katos Mech auf ihre Transportflächen zu laden. Als auch sie zurückgekehrt waren, senkte sich das unzerstörbare Stadttor herab und verschloss den Zugang zu Niomede-4s Hauptstadt Bram-Ze.


© 2007 by Fantasy Productions Verlags- und Medienvertriebs-GmbH, Erkrath

BattleTech™, BattleMech™ und Mech™ sind eingetragene Warenzeichen von Topps Inc.


Entnommen aus:
Karma
Fantasy Productions 2007
ISBN: 978-3-89064-454-7